Corona-Zuschlag und Erhöhung der Regelsätze dringlich erforderlich!
Das Erwerbslosenbündnis „AufRecht bestehen“ kritisiert die hartnäckige Weigerung von Sozialminister Heil und der Bundesregierung den mit am härtesten von der Corona- Pandemie betroffenen Empfänger*innen von Grundsicherungsleistungen einen Corona- Zuschlag zu bewilligen. Dazu Ulrich Franz von der gewerkschaftlichen Arbeitslosengruppe im DGB-KV Bonn/Rhein-Sieg: „Die Ignoranz von Minister Heil gegenüber den Forderungen von Sozialverbänden und des DGB ist angesichts der immensen Preissteigerungen, der Zusatzkosten für die Masken und des Wegfalls von Essensleistungen für junge Menschen in Kitas und Schulen nur als bewusstes Im- Stichlassen der ärmsten Menschen in Deutschland zu verstehen. Dies ist ein sozialpolitischer Skandal erster Größenordnung.“ Hier findet ihr die ganze Pressemitteilung des Bündnisses: PM_AufRecht_2020_07_06_Corona-Zuschlag.docx
Die Nachdenkseiten haben ein Interview mit Rainer Timmermann, der als politischer Referent für die KOS arbeitet, veröffentlicht.Siehe https://www.nachdenkseiten.de/?p=62096Mit Genehmigung der Nachdenkseiten veröffentlichen wir es auch auf unserer Homepage.
Im Interview mit den NachDenkSeiten verdeutlicht Timmermann, der als politischer Referent bei der Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitsgruppen (KOS) arbeitet, dass die Corona-Krise zwar den Druck auf die Armen erhöhe. Doch auch unter normalen Bedingungen müssten nicht wenige Betroffene um ihre Existenz kämpfen. In Politik und Medien werde ihre Lebensrealität jedoch häufig gar nicht wahrgenommen. Ein Interview über die Probleme der Arme und wie Lösungsmöglichkeiten aussehen können. Hier geht es zum Interview: nds_interview_timmermann_Endfassung_17_6_2020.pdf
Unser früherer Kollege Kurt Nikolaus, der jetzt Rente bekommt, aber offenbar noch nicht im "Ruhestand" ist, hat für die Selbstständigenabteilung von ver.di eine Broschüre verfasst, mit grundlegenden Informationen zum Antrag auf Arbeislosengeld II (Alg II) für Solo-Selbstständige und Kleinunternehmer*innen in Zeiten der Corona-Krise. Die Basisbroschüre Grundsicherung und weitere Informationen speziell für die Gruppe der Solo-Selbstständigen und Kleinunternehmer*innen in Form von Antworten auf häufige Fragen ("Corona-FAQs") finden sich unter folgender Internetadresse: https://selbststaendige.verdi.de/beratung/corona-infopool
Das bundesweite Bündnis AufRecht bestehen weist darauf hin, dass nicht alle Jobcenter in Deutschland den erleichterten Zugang zu existenzsichernden Leistungen und eine vereinfachte Erreichbarkeit der Sachbearbeiter*innen gewährleisten. Da wegen der Corona- Pandemie die persönliche Vorsprache bei den Behörden bis auf wenige Ausnahmen nicht gestattet ist, kommt es oft zu Problemen und Verzögerung bei der Bewilligung von Arbeitslosengeld II/Sozialgeld. Das führt bei Antragstellenden nicht selten zu existenziellen Notlagen.
Um die durch das neuartige Corona-Virus verursachte Krise und die damit verbundenen materiellen und sozialen Folgen abzufedern, haben Bund und Länder eine Reihe von Hilfen für verschiedene Bevölkerungsgruppen beschlossen. Weitere Schritte, wie z. B. die von den Gewerkschaften vorgeschlagene Anhebung des Kurzarbeitergeldes auf 80% des vorherigen Lohns,sollen zumindest zu einem großen Teil umgesetzt werden. Für Arbeitslose und von Arbeitslosigkeit Bedrohte gibt es dagegen in der Corona-Krise kaum zusätzliche Unterstützung. Wir nehmen das zum Anlass, um entsprechende Vorschläge aufzugreifen, die im Bereich des DGB und in der Erwerbslosenbewegung diskutiert werden. Diese Vorschläge beziehen sich zunächst auf die jetzige Krise. Sie sollen aber auch aufzeigen, wie das bisher so lückenhafte soziale Netz langfristig verbessert und die Leistungsbewilligung im Amt würdig gestaltet werden kann. Die Vorschläge beziehen sich zunächst auf Hartz-IV bzw. das SGB II. Sie sollten aber nach Möglichkeit auf alle anderen Grundsicherungsleistungen, die der Existenzsicherung dienen sollen – d. h. insbesondere Kinderzuschlag, Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, Sozialhilfe und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII - übertragen werden. Gerade im Asylbewerberleistungsgesetz sind deutliche Verbesserungen nötig, da die Leistungen dort nochmals weit unter den ohnehin schon zu niedrigen Hartz-IV-Regelsätzen liegen.
Die Forderungen: Erhöhung der Regelsätze (sofort um pauschal 100 €); Aussetzen aller Kürzungen; Erreichbarkeit der Ämter verbessern; einfaches Antragsverfahren; zügige Auszahlung der Leistungen; Aufheben von Leistungsausschlüssen. Zu den Forderungen im Einzelnen: Forderungen_zu_Grundsicherungsleistungen.docx
Bündnis fordert: Familien müssen über ihre Ansprüche informiert werden
Das „Familienstärkungsgesetz“ hat in zwei Schritten im Sommer 2019 und zum Januar 2020 die Leistungen für Bildung und Teilhabe (BuT) und den Kinderzuschlag (KiZ) deutlich verbessert. Für den Kinderzuschlag wurden die Anspruchsvoraussetzungen gelockert, sodass viele Familien nun von der Leistung profitieren könnten, wenn sie den KiZ neu beantragen. Gleichzeitig wurden mit dem „Gute-KiTa-Gesetz“ bundesweit ab August letztes Jahr alle Familien, die Wohngeld oder den Kinderzuschlag beziehen, von den Gebühren für Kindertagesstätten (KiTa) befreit. Hinzu kommt, dass wegen der Corona-Pandemie der Zugang zum Kinderzuschlag für anspruchsberechtigte Familien für den Zeitraum vom 1. April bis 30. September 2020 noch einmal deutlich vereinfacht wurde.
Das Bündnis ‚AufRecht bestehen‘ fordert nun alle Kommunen und Landkreise sowie die örtlichen Sozialleistungsträger auf, Familien offensiv über ihre Ansprüche zu informieren. Als zuständige/r Bundesministerin und -minister werden zudem Franziska Giffey (Familie, Senioren, Frauen und Jugend) und Hubertus Heil (Arbeit und Soziales) aufgefordert, dafür zu sorgen, dass bundesweit Informationsmaterial zur Verfügung gestellt und öffentlichkeitswirksam über Leistungsansprüche aufgeklärt wird.
„Den Kinderzuschlag können nach der Gesetzesänderung auch Familien mit geringem Einkommen erhalten, die keine Ansprüche auf SGB-II-Leistungen beim Jobcenter haben,“ erläutert Frank Jäger vom Bündnis ‚AufRecht bestehen‘. „Sie können folglich dort nicht über den Kinderzuschlag und die damit verbundenen weiteren Vergünstigungen aufgeklärt werden.“ Aber nur wer seine Rechtsansprüche kennt, wird bei der Familienkasse den umfangreichen Antrag auf den KiZ stellen. „Aufklärungsarbeit ist hier notwendige Voraussetzung dafür, dass die verbesserte Familienleistung auch bei allen Adressaten ankommt,“ folgert Frank Jäger. Nach den Erfahrungen aus der Sozialberatung ist das vielen Betroffenen aber nicht bekannt. Familien, die den Kinderzuschlag beziehen, haben außerdem Anspruch auf Bildungs- und Teilhabeleistungen – allein das führt schon zu einer deutlichen Entlastung.
Sozialer Schutz gegen Folgen von Corona – Antworten auf häufige Fragen - AKTUALISIERT - Stand: 18.5.2020
Inhalt:
- Kurzarbeitergeld;
- Arbeitslosengeld;
- Hilfen für Kleinunternehmer*innen und Solo-Selbstständige;
- Hilfen für Mieter*innen und Besitzer*innen von Wohneigentum;
- Wohngeld;
- Kinderzuschlag;
- Arbeitslosengeld II („Hartz IV“);
- Grundsicherung im Alter und bei dauernder Erwerbsminderung sowie Sozialhilfe nach SGB XII.
Die wirtschaftlichen Folgen der durch das neuartige Corona-Virus ausgelösten Krankheitswelle und der deswegen verhängten Einschränkungen besonders in Bezug auf Geschäftsschließungen in vielen Branchen sind einschneidend. Die Bundesregierung sieht sich nun unter dem Druck drohender Zahlungsunfähigkeit beispielsweise vieler kleiner Selbstständiger und auch der Angst vor einem starken Anstieg der Arbeitslosigkeit gezwungen die bestehenden Sozialleistungen auszubauen, um sie krisenfester zu machen. Außerdem hat sie auch verschiedene Einmalhilfen und zeitlich befristete Sonderregelungen neu eingeführt. Die KOS hat dazu eine Übersicht geschaffen. Sie orientiert sich an häufigen Fragen von Betroffenen und Interessierten.
Schnelle und unbürokratische Antragsbearbeitung notwendig!
Die Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen (KOS) fordert die Arbeitsagenturen, die Jobcenter, die Sozialämter und die Familienkassen auf, Anträge auf existenzsichernde Leistungen wie Arbeitslosengeld, Arbeitslosengeld II (Alg II), Sozialhilfe und Kinderzuschlag schnell und unbürokratisch zu bewilligen und auszuzahlen. Die vielen Einschränkungen des öffentlichen Lebens erfordern es, dass Behörden, die mit der Bewilligung und Auszahlung von existenzwichtigen Sozialleistungen betraut sind, der schnellen Unterstützung Betroffener klaren Vorrang einräumen. Das muss auch gelten, wenn nicht alle Unterlagen vollständig sind oder Einzelheiten des Antrags noch Anlass zu Rückfragen geben. Länger als 14 Tage sollte die Bearbeitung des Antrags außerdem nicht nicht dauern.
Arbeitslose, Niedrigverdienende und ihre Angehörigen haben außerdem in der aktuellen Situation aufgrund der höheren Ausgaben für die Gesundheit und der Schwierigkeiten bei der Versorgung mit lebensnotwendigen Gütern höhere Kosten als sonst. Sie müssen deshalb sofort einen Mehrbedarfszuschlag von 20% der Regelleistung zu ihren ohnehin schon viel zu knappen Leistungen bekommen.
Angesichts der aktuellen, durch das Corona-Virus geschaffenen Lage zeichnet sich ab, dass es vor allem die Beschäftigten sind, die für die Krise aufkommen sollen. Es ist aber nicht einzusehen, dass nur betroffene Unternehmen weitgehend schadensfrei gestellt werden sollen, während die Arbeitslosigkeit in einigen Branchen stark ansteigt, weil die Unternehmen durch Entlassungen Kosten sparen wollen. Ebenso ist auch nicht einzusehen, dass Menschen mit niedrigem Einkommen durch das knapp bemessene Kurzarbeitergeld von heute auf morgen unter das Niveau ihrer bisher schon bescheidenen Lebensführung gedrückt werden. Wir fordern deshalb auch das Kurzarbeitergeld mindestens für Niedrigverdienende auf 100% des Lohnes anzuheben.
BA erklärt weitgehenden Verzicht auf Termine
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat ihrerseits verlautbart, dass Fragen und Anliegen Betroffener nun auch ohne persönlichen Kontakt geklärt werden sollten, um den Gesundheitsschutz sicherstellen zu können. Gesprächstermine in der Agentur für Arbeit und im Jobcenter würden ab sofort und bis auf weiteres entfallen. Allerdings gäbe es wichtige Ausnahmen: terminierte persönliche Vorsprachen für Barzahlungen wegen Mittellosigkeit sowie bestehende Termine zur Neuantraganstellung und Abgabe von Neuanträgen.
Die Möglichkeit zum persönlichen Kontakt in den Dienststellen solle für Notfälle bestehen bleiben. Eine Arbeitslosmeldung könne aber auch telefonisch erfolgen. Ein Antrag auf Alg II könne formlos in den Hausbriefkasten des Jobcenters oder der Agentur für Arbeit eingeworfen werden. Alle persönlichen Gesprächstermine sollen ohne Rechtsfolgen entfallen. Niemand müsse diese Termine extra absagen.
Betroffene Arbeitslose können also nun Anträge formlos per Mail oder über die eServices auf der Homepage(www.arbeitsagentur.de/eServices) stellen oder in den Hausbriefkasten einwerfen. Sie können außerdem auf der Homepage der jeweiligen Behörde nach einer Telefonnummer suchen, unter der das Amt erreichbar ist – die soll jetzt auch einfacher zu finden sein. Anträge und Weiterbewilligungsanträge auf Alg II können außerdem unter Jobcenter.digital heruntergeladen werden.
Betroffene sollten allerdings unbdeingt bedenken, dass in der Vergangenheit immer wieder Schreiben an das Jobcenter verloren gegangen sind und dass es zu erheblichen Nachteilen kommen kann, wenn sie den rechtzeitigen Eingang von Anträgen und Schreiben nicht beweisen können. Für Telefonate gilt das erst recht. Erst- oder Weiterbewilligungsanträge und Widersprüche sollten daher als Einschreiben ohne Rückschein bei der Post aufgegeben werden. Ein Fax zu senden, ist eine andere und kostengünstige Möglichkeit, sicher Anträge und Schreiben an eine Behörde zu schicken – dann muss man allerdings unbedingt auch den Sendebericht samt der ersten Seite des Faxes ausdrucken und aufbewahren. Alternativ reicht es auch, wenn ein Zeuge oder eine Zeugin, die vorher gesehen hat, welches Schreiben man in den Umschlag gesteckt hat, auch bezeugen kann, wie das Schreiben in Hauspostkasten geworfen wird. Eine E-Mail ist außerdem sicher an eine Behörde zugestellt, wenn diese nachweislich (Postausgang!) an ein elektronisches Postfach einer Behörde gesendet worden ist, die dies ohne Einschränkung für die elektronische Kommunikation bereitgestellt hat (Urteil des BSG vom 11.7.2019 – B 14 AS 51/18 R).
Für Betroffene, die keinen Zugang zu einem PC haben, müssen die BA und andere Behörden nach Auffassung der KOS außerdem unbedingt die Möglichkeit eines einfachen Antrags in Papierform eröffnen. Darüber sollten sie auch alle Betroffenen in mehrsprachigen Schreiben und Aushängen unterrichten.
Gemeinsame Erklärung von Gewerkschaften und Wohlfahrtsverbänden
Noch in diesem Jahr werden die Regelsätze bei Hartz IV und in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung neu ermittelt. Der Gesetzgeber ist gefordert: Er muss ermitteln, was jemand für eine menschenwürdige Existenz in diesem Land benötigt. Ein breites Bündnis aus Sozialverbänden und Gewerkschaften, dem auch die KOS angehört, fordert, dass die Gelegenheit der Neu-Ermittlung genutzt wird, um soziale Ungleichheit abzubauen. Dazu ist eine sachgerechte Ermittlung des Regelbedarfs unumgänglich, die im Ergebnis zu deutlich höheren Leistungen der Grundsicherung führen muss. Die KOS wie auch die anderen am Bündnis beteiligten Gruppen halten die bestehenden Leistungen in den Grundsicherungssystemen für viel zu niedrig. Aktuell muss eine alleinlebende Person, die z. B. von Hartz IV leben muss, mit einer monatlichen Leistung von 432 Euro plus der Miete auskommen. Das ist schlicht zum Leben zu wenig. Ein Leben in Würde wird den Leistungsberechtigten verweigert, ebenso die soziale Teilhabe in der Gesellschaft. Das Bündnis wendet sich nun brieflich an den Bundesminister für Arbeit und Soziales sowie an die Mitglieder des Sozialausschusses des Deutschen Bundestages. Die Unterzeichnenden des Briefes fordern von den politisch Verantwortlichen, dass das äußerst kritikwürdige Verfahren, mit dem in den Jahren 2011 und 2016 die Regelsätze bestimmt worden sind, sich nicht wiederholen darf. Stattdessen fordern wir bei der Bemessung der Regelsätze eine Orientierung an den Konsumausgaben der mittleren Einkommen. Die Höhe der Grundsicherungsleistungen darf nicht nur die bestehende Armut widerspiegeln. Die Regelsätze müssen zudem entsprechend der Lohn- und Preisentwicklung jährlich fortgeschrieben werden. Langlebige Konsumgüter, z. B. eine Waschmaschine, die nur in großen Abständen notwendig ist und daher im bestehenden statistischen Verfahren gar nicht richtig abgebildet werden kann, sollten am besten über einmalige Leistungen abgegolten werden. Den ganzen Brief könnt ihr hier lesen20-3-10_Schreiben_Regelsatz_BT.pdf
Der Verlust des Arbeitsplatzes ist ein schwerer Schock. Dabei ist gerade bei bevorstehender Arbeitslosigkeit ein kühler Kopf notwendig, um die Hürden der frühzeitigen Arbeitsuch- und Arbeitslosmeldung zu meistern. Dazu bietet der Ratgeber erste Hilfe.